Schulze legt Plan für Glyphosat-Ausstieg vor
Neue Zulassungspraxis für Pflanzenschutzmittel soll Ausstieg ergänzen
Das Bundesumweltministerium hat einen Plan für einen schrittweisen
Ausstieg aus der Nutzung des Breitband-Herbizids Glyphosat vorgelegt. Dazu
soll die Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung geändert werden. Zudem wird
das Umweltbundesamt, das als Fachbehörde am Zulassungsverfahren beteiligt
ist, die Zulassung biodiversitätsschädigender Produkte an einen
Anwendungsvor-behalt knüpfen. Landwirte, die solche Mittel nutzen wollen,
müssen auf ihren Ackerflächen einen Mindestanteil an pestizidfreien
Ackerlebensräumen für Tier- und Pflanzenarten garantieren. Dieser
Anwendungsvorbehalt gilt nicht nur für Glyphosat, sondern künftig für
alle Pflanzenschutzmittel, die die Arten-vielfalt nachweislich
schädigen.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze: „Diese Koalition hat sich darauf
verständigt, den Einsatz von Glyphosat grundsätzlich zu beenden. Der
einfachste Weg, ein Verbot des Wirkstoffs auf EU-Ebene, ist bis Ende 2022
verbaut, weil der frühere Bundeslandwirt-schaftsminister in Brüssel für
eine erneute Genehmigung des Wirkstoffes gestimmt hat – entgegen der
Abmachung der damaligen Bundesregierung. Jetzt müssen wir alle
rechtlichen Hebel nutzen, die uns auf nationaler Ebene für einen
Glyphosat-Ausstieg zur Verfügung stehen. Glyphosat bedroht nachweislich
die Artenvielfalt in unserer Agrarlandschaft. Die große Mehrheit der
Bevölkerung wünscht sich eine naturverträgliche Landwirtschaft ohne
Glyphosat. Aber wir dürfen an diesem Punkt nicht stehen bleiben und
müssen den mas-senhaften Einsatz von Pestiziden insgesamt drastisch
reduzieren. Wenn statt Glyphosat nur andere, vielleicht noch schädlichere
Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden, ist für die Umwelt nichts
gewonnen. Darum werden wir im Rahmen des Zulassungsverfahrens für jedes
Pflanzenschutzmittel, das die Biodiversität schädigt, neue
Naturschutzauflagen ein-fordern."
UBA-Präsidentin Maria Krautzberger: „Solange Glyphosat in der EU
zugelassen ist, ist es rechtlich nicht möglich, seinen Einsatz im Rahmen
des Zulassungsverfahrens ganz zu ver-hindern. Gleichwohl müssen wir jede
Möglichkeit nutzen, um die schlimmsten Auswirkun-gen auf die biologische
Vielfalt abzuwenden, indem wir neue und wirksame Auflagen vor-schreiben.
Daher müssen Landwirte künftig einen Teil ihrer Ackerfläche als
Biodiversitäts-fläche vorhalten. Dort sollen Wildtiere wie Feldlerche,
Rebhuhn, Wildbienen und Schmetter-linge wieder ausreichend Nahrung finden.
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Le-bensmittelsicherheit muss
diese Anwendungsbestimmungen nun in die Zulassung über-nehmen, sonst sind
die Produkte nicht zulassungsfähig. Damit tragen wir deutlich zu mehr
Schutz der Biodiversität bei als bislang."
Glyphosat hat wie viele andere Pflanzenschutz-Wirkstoffe gravierende Folgen
für die biolo-gische Vielfalt in der Agrarlandschaft. Als Totalherbizid
vernichtet es ohne Unterschiede alle Pflanzen und zerstört damit die
Nahrungs- und Lebensgrundlage für viele Insekten- und Vogelarten wie
Schmetterlinge und Feldlerche. Dies wurde mehrfach wissenschaftlich
be-legt.
Die Bundesregierung hat sich aus diesen und anderen Gründen im
Koalitionsvertrag dazu bekannt, den Einsatz von Glyphosat grundsätzlich
zu beenden. Der Ausstieg aus Gly-phosat ist ein schrittweiser Prozess, den
das Bundesumweltministerium mit dem federfüh-renden
Bundeslandwirtschaftsministerium gemeinsam gehen will. Ein Verbot des
Mittels u.a. in Privatgärten und Parks hat das
Bundeslandwirtschaftsministerium bereits vorge-schlagen.
Aus Sicht des Bundesumweltministeriums ist es zudem möglich und
erforderlich, folgende Beschränkungen in die
Pflanzenschutzmittel-Anwendungsverordnung aufzunehmen:
• ein Verbot des Glyphosateinsatzes in ökologisch sensiblen Gebieten und
in Wasser-schutzgebieten,
• ein Verbot für die Vorsaat- und Stoppelbehandlung und die Sikkation im
Ackerbau sowie bei Sonderkulturen; diese Teilverbote dürfen durch
pauschale Rückausnahmen nicht leer-laufen,
• die Festlegung eines generellen Gewässerabstandes in Anlehnung an
die Regelungen zu den Gewässerrandstreifen
Durch ein solches Maßnahmenbündel ließe sich der Glyphosateinsatz
zeitnah in einem EU-konformen Rahmen minimieren. Darüber hinaus will das
BMU in der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung eine Regelung
festschreiben, die den Glyphosateinsatz mit Ablauf der Wirkstoffzulassung
auf EU-Ebene und der vorgeschriebenen Übergansfrist Ende 2023 verbindlich
und umfassend beendet.
Parallel dazu wird das Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel
künftig an Auflagen zum Schutz der Artenvielfalt geknüpft und zwar für
alle Mittel, die die Artenvielfalt nach-weislich schädigen. Demnach
müssen Landwirte, die diese Pflanzenschutzmittel einsetzen, ab dem 1.
Januar 2020 einen Teil ihrer Ackerfläche als „Biodiversitätsfläche"
vorhalten. Auf diesen Flächen dürfen dann keine Pflanzenschutzmittel
mehr gespritzt werden. Als Bio-diversitätsflächen werden vom UBA unter
anderem Blühflächen und Brachen anerkannt, sowie Getreideäcker mit
geringer Saatdichte. Diese Flächen fehlen heute vielerorts in der
Agrarlandschaft, was gravierende Folgen für die Artenvielfalt hat. Im
Schnitt soll der Anteil dieser Flächen bei 10 Prozent liegen, je nach
ökologischer Wertigkeit. Dieser Wert wird von Fachleuten als
Mindest-Rückzugsraum für Insekten, Vögel oder Säugetiere empfohlen.
Das Umweltbundesamt hat dem Bundesamt für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsi-cherheit (BVL) heute die ersten Bescheide übermittelt, die
diese neuen Auflagen für die Zulassung glyphosathaltiger
Pflanzenschutzmittel enthalten. Die Genehmigung dieser Mittel muss in
diesem Jahr verlängert werden. Die Zulassung erfolgt durch das BVL im
Ge-schäftsbereich des Bundeslandwirtschaftsministeriums. Sie muss im
Einvernehmen mit dem UBA erteilt werden, dass die Auswirkungen auf die
biologische Vielfalt bewertet.
Das EU-Recht schreibt ausdrücklich vor, dass Pflanzenschutzmittel nur
zugelassen werden dürfen, wenn sie keine unannehmbaren Auswirkungen auf
die Umwelt, unter besonderer Berücksichtigung der biologischen Vielfalt,
haben.
Weitere Informationen
Fragen und Antworten zu den Konzepten finden Sie hier:
https://www.bmu.de/WS5084
Die Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung:
http://www.gesetze-im-internet.de/pflschanwv_1992/
Umweltbundesamt-Studie: „Biodiversitätsflächen zur Minderung der
Umweltauswirkungen von Pflanzenschutzmitteln – Anforderungen an
Kompensationsmaßnahmen im Risikoma-nagement"
https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/biodiversitaetsflaechen-zur-minderung-der
Umweltbundesamt: 5-Punkte-Programm für einen nachhaltigen Pflanzenschutz
https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/5-punkte-programm-fuer-einen-nachhaltigen-0
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Herausgeber: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare
Sicherheit, Stresemannstr. 128-130, 10117 Berlin
Redaktion: Regine Zylka (verantwortlich), Nikolai Fichtner, Stephan Gabriel
Haufe, Maren Klein, Andreas Kübler und Nina Wettern
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